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Intelligente Bewässerung & Nährstoffdosierung:
      Automatisierung leicht gemacht

Nachdem die Grundlagen der Sensorik und Datenerfassung gelegt wurden, widmet sich dieser Artikel der automatisierten Steuerung von Bewässerungs- und Nährstoffdosierungsprozessen in Aquaponik- und Hydroponik-Systemen. Ziel ist es, den Wartungsaufwand zu reduzieren, die Effizienz zu steigern und eine optimale Versorgung der Pflanzen zu gewährleisten, basierend auf den kontinuierlich erfassten Systemdaten.

2.1 Prinzipien der automatisierten Bewässerung

Automatisierte Bewässerungssysteme stellen sicher, dass Pflanzen stets die benötigte Menge an Wasser und Nährstoffen erhalten. Dies minimiert Wasserverschwendung und fördert ein gesundes Pflanzenwachstum.

2.1.1 Automatisches Nachfüllsystem

Ein konstantes Wasserniveau ist in beiden Systemen, besonders aber in der Hydroponik, entscheidend. Verdunstung und Pflanzenaufnahme führen zu einem kontinuierlichen Wasserverlust. Ein automatisches Nachfüllsystem kompensiert diesen Verlust effizient.

Technische Umsetzung:
  1. Wasserstandssensor: Ein digitaler Schwimmerschalter oder ein kapazitiver Sensor (wie in Artikel 1 besprochen) wird an einem bestimmten Mindestwasserstand im Reservoir platziert.
  2. Mikrocontroller: Der ESP32 oder Arduino überwacht den Status des Sensors.
  3. Aktor – Magnetventil oder Pumpe: Ein elektrisches Magnetventil (für Leitungswasseranschluss) oder eine kleine Tauchpumpe (für externen Wassertank) wird über ein Relaismodul an den Mikrocontroller angeschlossen. Relais sind notwendig, um die höhere Spannung und den Strom der Aktoren sicher mit dem Mikrocontroller zu steuern.
  4. Regelungslogik: Wenn der Wasserstand den Minimalwert unterschreitet, aktiviert der Mikrocontroller das Magnetventil/die Pumpe für eine definierte Zeit oder bis ein vordefinierter Maximalwasserstand erreicht ist (dies erfordert einen zweiten Wasserstandssensor oder eine präzise Zeitschaltung).

Verwenden Sie einen wasserdichten Schwimmerschalter, der bei Unterschreiten des Mindestpegels schließt. Verbinden Sie diesen über einen digitalen Eingang mit Ihrem ESP32. Steuern Sie eine 12V-Tauchpumpe mittels eines 1-Kanal-Relaismoduls. Die Programmierung sollte eine Verzögerung nach dem Einschalten der Pumpe vorsehen, um ein sofortiges Wiederausschalten bei leicht schwankendem Wasserstand zu verhindern, und eine maximale Laufzeit, um ein Überfüllen bei Sensorfehler zu vermeiden.

// Vereinfachtes Arduino/ESP32 Code-Beispiel für Wasserstandsregler const int waterLevelPin = 2; // Digitaler Eingang für Schwimmerschalter const int pumpRelayPin = 4; // Digitaler Ausgang für Relais unsigned long pumpStartTime = 0; const long maxPumpRunTime = 60000; // 60 Sekunden max. Laufzeit (ms) void setup() { pinMode(waterLevelPin, INPUT_PULLUP); // Schwimmerschalter mit Pullup pinMode(pumpRelayPin, OUTPUT); digitalWrite(pumpRelayPin, HIGH); // Pumpe AUS (Relais oft inverted) Serial.begin(115200); } void loop() { if (digitalRead(waterLevelPin) == LOW) { // Wasserstand zu niedrig (Schalter geschlossen) if (digitalRead(pumpRelayPin) == HIGH) { // Pumpe ist noch AUS Serial.println("Wasserstand niedrig, Pumpe AN."); digitalWrite(pumpRelayPin, LOW); // Pumpe AN pumpStartTime = millis(); } } else { // Wasserstand ausreichend if (digitalRead(pumpRelayPin) == LOW) { // Pumpe ist noch AN Serial.println("Wasserstand OK, Pumpe AUS."); digitalWrite(pumpRelayPin, HIGH); // Pumpe AUS } } // Max. Laufzeit Überwachung für Sicherheit if (digitalRead(pumpRelayPin) == LOW && (millis() - pumpStartTime > maxPumpRunTime)) { Serial.println("WARNUNG: Pumpe läuft zu lange! Automatisch ausgeschaltet."); digitalWrite(pumpRelayPin, HIGH); // Pumpe AUS } }

2.1.2 Timer-gesteuerte Aquaponik-Flut-und-Ebbe-Systeme (Ebb-and-Flow)

In Aquaponik-Systemen mit Flut-und-Ebbe-Technik (Ebb-and-Flow oder Flood-and-Drain) ist eine präzise Zeitsteuerung der Bewässerungszyklen entscheidend für die Sauerstoffversorgung der Wurzeln und die Nährstoffzufuhr.

Technische Umsetzung:
  1. Tauchpumpe: Eine leistungsstarke Tauchpumpe, die das Wasser aus dem Fischtank in die Pflanzenbetten befördert.
  2. Siphon oder Überlauf: Ein Bell-Siphon oder ein fester Überlauf im Pflanzenbett, der das Wasser bei Erreichen einer bestimmten Höhe abführt und so den "Ebbe"-Zyklus einleitet.
  3. Mikrocontroller & Relais: Der Mikrocontroller steuert die Tauchpumpe über ein Relaismodul basierend auf einem vordefinierten Zeitplan.

Programmieren Sie den ESP32 so, dass die Pumpe in regelmäßigen Intervallen (z.B. alle 30-60 Minuten für 10-15 Minuten) läuft. Diese Zeitintervalle können je nach Pflanzentyp, Wachstumsstadium und Umgebungstemperatur angepasst werden. Achten Sie auf eine robuste Pumpe und ein hochwertiges Relais, da diese Komponenten ständig in Betrieb sind.

// Vereinfachtes Arduino/ESP32 Code-Beispiel für Ebb-and-Flow Pumpe const int pumpRelayPin = 4; const long floodDuration = 10 * 60 * 1000; // 10 Minuten Fluten (ms) const long ebbDuration = 50 * 60 * 1000; // 50 Minuten Ebbe (ms) long lastPumpToggleTime = 0; bool isFlooding = false; void setup() { pinMode(pumpRelayPin, OUTPUT); digitalWrite(pumpRelayPin, HIGH); // Pumpe AUS starten Serial.begin(115200); Serial.println("Starte Ebb-and-Flow Zyklus."); } void loop() { if (!isFlooding && (millis() - lastPumpToggleTime >= ebbDuration)) { // Ebbe-Phase beendet, starte Fluten Serial.println("Starte Flut-Phase."); digitalWrite(pumpRelayPin, LOW); // Pumpe AN lastPumpToggleTime = millis(); isFlooding = true; } else if (isFlooding && (millis() - lastPumpToggleTime >= floodDuration)) { // Flut-Phase beendet, starte Ebbe Serial.println("Starte Ebbe-Phase."); digitalWrite(pumpRelayPin, HIGH); // Pumpe AUS lastPumpToggleTime = millis(); isFlooding = false; } }

2.2 Präzise Nährstoffdosierung in Hydroponik

In Hydroponik-Systemen ist die exakte Dosierung von Nährstoffen zur Aufrechterhaltung des optimalen EC-Wertes und pH-Wertes von größter Bedeutung. Eine manuelle Zugabe ist zeitaufwendig und anfällig für Fehler. Automatisierte Dosiersysteme gewährleisten eine konstante Nährstoffversorgung.

2.2.1 Automatische pH-Regulierung

Der pH-Wert tendiert dazu, sich im Laufe der Zeit zu ändern. Eine automatische pH-Regulierung basierend auf Echtzeit-pH-Messungen ist eine Schlüsselkomponente für stabile Hydroponik-Systeme.

Technische Umsetzung:
  1. pH-Sensor: Der in Artikel 1 beschriebene pH-Sensor liefert kontinuierlich Messwerte.
  2. Mikrocontroller: Der ESP32 vergleicht den aktuellen pH-Wert mit dem Zielwert.
  3. Aktoren – Peristaltikpumpen: Kleine Peristaltikpumpen sind ideal für die präzise und langsame Dosierung von pH-Up (Basen) und pH-Down (Säuren). Sie bewegen Flüssigkeiten durch Kompression eines Schlauches, wodurch der direkte Kontakt der Flüssigkeit mit dem Pumpenmechanismus vermieden wird – wichtig für korrosive Säuren/Basen. Jede Pumpe benötigt ein eigenes Relais oder einen geeigneten Motortreiber.
  4. Regelungslogik:
    • Wenn pH < Zielwert (zu sauer): Eine kleine Menge pH-Up wird dosiert.
    • Wenn pH > Zielwert (zu basisch): Eine kleine Menge pH-Down wird dosiert.

    Wichtig ist, nach jeder Dosierung eine Wartezeit (z.B. 5-15 Minuten) für die Durchmischung und eine erneute Messung einzuplanen, um ein Überschwingen der Regelung zu vermeiden (PID-Regler-Ansätze sind hierfür ideal, aber für den Anfang kann eine einfache Hysterese-Regelung genügen).

Praktische Idee: Einfacher pH-Doser

Verwenden Sie zwei Peristaltikpumpen (eine für pH-Up, eine für pH-Down), die über je ein 1-Kanal-Relais an den ESP32 angeschlossen sind. Lesen Sie den pH-Wert ein. Wenn der Wert außerhalb eines definierten Toleranzbereichs (z.B. Ziel-pH ± 0.1) liegt, aktivieren Sie die entsprechende Pumpe für 5-10 Sekunden. Legen Sie dann eine Pause von 10-15 Minuten ein, bevor Sie erneut messen und dosieren.

2.2.2 Automatische Nährstoffdosierung (EC-Wert)

Die Pflanzen verbrauchen Nährstoffe, was den EC-Wert der Lösung sinken lässt. Eine automatische Dosierung hält den EC-Wert im optimalen Bereich, was eine konstante Nährstoffverfügbarkeit gewährleistet.

Technische Umsetzung:
  1. EC-Sensor: Der EC-Sensor (Artikel 1) liefert aktuelle Messwerte.
  2. Mikrocontroller: Vergleicht den gemessenen EC-Wert mit dem Ziel-EC.
  3. Aktoren – Peristaltikpumpen: Je nach verwendetem Nährstoffsystem werden 2-3 Peristaltikpumpen benötigt (für A-, B-Komponente und ggf. Spurenelemente oder Boost). Diese Pumpen sollten widerstandsfähig gegenüber den konzentrierten Nährlösungen sein.
  4. Regelungslogik: Wenn der EC-Wert unter den Zielwert fällt, werden die Nährstoffkomponenten in einem festgelegten Verhältnis (Herstellerangaben beachten!) dosiert. Auch hier sind Wartezeiten und erneute Messungen nach jeder Dosierung unerlässlich.
Praktische Idee: EC-Doser mit festem Verhältnis

Nehmen Sie an, Sie verwenden eine 2-Komponenten-Nährlösung (A und B), die im Verhältnis 1:1 gemischt wird. Schließen Sie zwei Peristaltikpumpen über Relais an den ESP32 an. Wenn der EC-Wert unter den Zielwert minus einer Toleranz fällt, aktivieren Sie beide Pumpen gleichzeitig für 5-10 Sekunden. Warten Sie dann 15-20 Minuten, bevor Sie erneut messen. Führen Sie die Dosierung in kleinen Schritten durch, um eine Überdosierung zu vermeiden.

2.3 Sicherheit und Redundanz in der Automatisierung

Automatisierte Systeme sind komfortabel, bergen aber bei Fehlfunktionen auch Risiken (z.B. Überdosierung, Überflutung). Sicherheitsmechanismen sind daher unerlässlich.

  • Maximale Dosiermengen/Laufzeiten: Implementieren Sie im Code maximale Laufzeiten für Pumpen oder maximale Dosiermengen pro Zeiteinheit, um eine Überdosierung oder Überflutung bei Sensor- oder Softwarefehlern zu verhindern.
  • Zusätzliche Wasserstandssensoren: Ein zweiter, unabhängiger Wasserstandssensor (z.B. ein Schwimmerschalter als Not-Abschaltung) auf einem höheren Niveau kann eine Überfüllung verhindern, selbst wenn der primäre Sensor versagt.
  • Alarmierung: Bei kritischen Werten (z.B. pH-Wert außerhalb des sicheren Bereichs trotz Dosierung, Wasserstandsprobleme) sollte das System eine Alarmmeldung generieren (z.B. E-Mail, Push-Nachricht, akustisches Signal). Dies wird in einem späteren Artikel detailliert behandelt.
  • Manuelle Override: Eine einfache Möglichkeit, die Automatisierung bei Bedarf manuell abzuschalten oder zu überbrücken, sollte immer gegeben sein.

2.4 Fazit

Die Automatisierung von Bewässerung und Nährstoffdosierung transformiert Aquaponik- und Hydroponik-Systeme von wartungsintensiven Anlagen zu präzisionsgesteuerten Umgebungen. Durch den Einsatz von Mikrocontrollern und geeigneten Aktoren lassen sich zuverlässige und effiziente Systeme realisieren, die eine optimale Versorgung der Pflanzen gewährleisten und gleichzeitig den manuellen Arbeitsaufwand minimieren. Die Implementierung von Sicherheitsmechanismen ist dabei von höchster Bedeutung, um Ausfälle zu verhindern und die Systemstabilität zu gewährleisten. Im nächsten Schritt werden wir uns mit der intelligenten Steuerung der Beleuchtung beschäftigen.

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