Sprache auswählen

Mikroorganismen

  • Biofilter (de)

    Biofilter Entscheidungsbaum

    Das Herzstück eines Aquaponik-Systems ist sein Biofilter. Die heterotrophen und autotrophen Bakteriengemeinschaften im Biofilter verarbeiten auf natürliche Weise organische Abfälle und liefern biologisch stabiles Wasser, das monatelang recycelt werden kann. Bei der Auswahl eines Biofiltrationssystems für die kommerzielle Aquakulturproduktion sind die Effizienz der Technologie und des Substrats sehr wichtig, da sie die Größe, die Kosten und den Energieverbrauch der teuersten Behandlungskomponente in Kreislaufsystemen bestimmen.

     

    Artikelübersicht

     

     

    Biofilter

    Abbildung: Aquakulturingenieure müssen bei der Auswahl des besten Biofilters für eine bestimmte Anwendung eine Reihe von Entscheidungen treffen. Nacheinander getroffene Entscheidungen an jedem Knotenpunkt des "Entscheidungsbaums" führen zum zuverlässigsten und kostengünstigsten Filter.

    FBBs (Floating Bead Bioclarifiers) bieten eine bessere Feststoffabscheidung (100 % bis zu 30 µm) als Mikrosiebe und Sedimentationsbecken und vermeiden gleichzeitig das Problem des Verbackens, das bei hohen organischen Belastungen typischerweise mit Sandfiltern verbunden ist.

     

     

    Unter Wasser oder über Wasser ?

    Aerobe Filter benötigen Sauerstoff. Wenn der Biofilm im Wasser, das zum Filter transportiert wird, ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden kann, wählen Sie einen Unterwasserfilter. Andernfalls sollten Sie sich für einen aufsteigenden Filter entscheiden. Emergente (aufsteigende) Filter (EGSB) verwenden ein kaskadenförmiges Gemisch aus Wasser und Luft, um sicherzustellen, dass ein hoher Sauerstoffgehalt an der Oberfläche des Biofilms aufrechterhalten wird. Tropfkörper verteilen das Wasser über eine mit Biofiltermedien gefüllte Säule. Rotierende biologische Kontaktoren - manchmal auch Nass-/Trockenfilter genannt - verwenden einen eher mechanischen Ansatz. Sie drehen sich langsam in einen Wassertank hinein und wieder heraus, wobei das Medium immer nass bleibt, aber zusätzlich belüftet wird.

     

     

    Überwasserfilter

    Emergente Filter sind in der Lage, eine extrem hohe flächenmäßige Umwandlung von TAN (umgewandelte TAN in Gramm pro Quadratmeter Oberfläche) zu erreichen, werden jedoch durch eine geringe spezifische Oberfläche (Quadratmeter Biofilm pro Kubikmeter Einheitsvolumen) eingeschränkt. Infolgedessen können auftauchende Filter 5 bis 10 Mal größer sein als die untergetauchten Alternativen, und bei einigen Medientypen ist Vorsicht geboten, um eine mögliche Verstopfung zu verhindern. Diese Filter bieten sekundäre Vorteile in Form von Belüftung und Kohlendioxidstrippung. Sie eignen sich am besten für stark belastete Systeme, wo ihre Fähigkeit, dem Biofilm Sauerstoff zuzuführen, einen gewissen Nutzen bringen kann.

    TAN: Total ammonia nitrogen / Gesamt-Ammoniak-Stickstoff

     

    Unterwasserfilter

    Befürworter von Tauchfiltern weisen darauf hin, dass die Fische in Kreislaufsystemen auf der Zulaufseite der Filter leben und die TAN-Werte sehr niedrig gehalten werden müssen. Sie argumentieren, dass nicht die Sauerstoffdiffusion, sondern die TAN-Diffusion in Biofilme die Leistung der Biofiltration begrenzt. Die Befürworter von Unterwasserfiltern konzentrieren sich in der Regel zunächst auf die Maximierung der spezifischen Oberfläche und dann auf Biofilme und Feststoffmanagement, um die TAN-Diffusionsraten zu verbessern.

     

     

    Unterwasser-Schüttbett

    Die ältesten Biofilter bestehen lediglich aus einem Bett aus untergetauchten Medien, durch die das das Wasser in einem Kreislauf geführt wird. Diese Filter haben im Allgemeinen keine Biofilm- oder Feststoffmanagement-Funktionen, und der spezifischen Oberfläche wird nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Filter werden mit großem Erfolg in Haltungssystemen für Meeresfrüchte, leicht belasteten Aquakulturen, Schauaquarien und dergleichen eingesetzt. Die großen, preiswerten Filter leisten gute Arbeit, bis sie überlastet werden und in eine Zone mit positivem Bakterienwachstum geraten, die sie unbrauchbar macht, da kein Wasser mehr in den Filter eindringen kann. Diese Unzulänglichkeiten von getauchten Schüttbetten wurden durch Filter behoben, die das Problem der Feststoffansammlung in den Griff bekommen können.

     

     

    Expandierbare Granulatfilter

    Expandierbare Granulatfilter unterscheiden sich von anderen Filtertypen durch einen Rückspülmechanismus. Expandierbare Granulatfilter, zu denen Feinsandfilter, Kiesfilter und Beadfilter gehören, haben eine ähnliche Rückspülstrategie, die es ihnen ermöglicht, in einem breiten Spektrum von Funktionen zu arbeiten. Diese Wahl steuert den Wasserverlust und hat großen Einfluss darauf, wie einfach die Biofilme der Filter manipuliert werden können. Expandierbare Granulatfilter haben die einzigartige Fähigkeit, als mechanische Filter, Biofilter oder Bioklärer zu arbeiten. Ihre Wirksamkeit in diesen drei Bereichen ist jedoch sehr unterschiedlich.

     

     

    Feinsandfilter

    Feinsandfilter werden in den meisten Anwendungen hauptsächlich als mechanische Filter eingesetzt, tragen aber in Kreislaufsystemen zu einer gewissen Nitrifikation bei. Diese Filter eignen sich in den meisten kommerziellen Anwendungen schlecht als Biofilter, da die Entwicklung eines Biofilms den Waschmechanismus schnell außer Kraft setzt. Alle Sand- und Kiesfilter benötigen hohe Durchflussraten, um ihre Expansion in Gang zu setzen, was auch zu hohen Wasserverlusten bei der Rückspülung führt. Diese Wasserverluste können Biofilm-Management-Strategien behindern, die die Leistungsfähigkeit der Biofilter verbessern. Sandfilter werden häufig als Klärbecken für Schauaquarien, als mechanische Zulauffilter in Aquakulturanlagen und als Biofilter in sehr schwach belasteten Kreislaufsystemen eingesetzt. Grobe Sand- und Kiesmedien werden mit einigem Erfolg eingesetzt, da sie über ausreichende Abrasionskapazitäten verfügen, um Bioflocke abzuschlagen und die Probleme des Verbackens zu vermeiden, die feinere Sandbetten plagen.

     

     

    Schwimmende Bead-Filter

    Floating-Bead-Filter besitzen praktisch alle Eigenschaften von Sand- und Kiesfiltern, reduzieren oder eliminieren jedoch die Probleme des Biofouling und des Wasserverlusts. Je nach Anwendung können Beadfilter effektiv als mechanische Filter, Biofilter oder Bioklärer eingesetzt werden, wobei sie gleichzeitig Feststoffe abfangen und als Biofilter fungieren. Der Rückspülmechanismus und die Häufigkeit der Rückspülung der Anlagen werden als Instrument zur Verwaltung des Biofilms eingesetzt. Gut gemanagte Anlagen sind daher in der Lage, volumetrische TAN-Umwandlungsraten zu erzielen, die mit anderen Biofiltrationsformaten in hohem Maße konkurrenzfähig sind. Darüber hinaus liegt der Wasserverlust bei diesen Filtern zwischen knapp über 1 Prozent und 10 Prozent des Rückspülbedarfs für gleichwertige Kiesfilter.

     

     

    Expandierte Biofilter

    Expandierte Biofilter, bei denen Sand oder Perlen kontinuierlich expandiert werden, fangen keine Feststoffe ab, werden aber als hochwirksame Biofilter eingesetzt. Biofilter mit fluidisiertem Sandbett halten die Sandpartikel gleichmäßig in Suspension, so dass sich das Medium wie eine Flüssigkeit verhält. Die extrem hohe spezifische Oberfläche des Feinsandmediums ermöglicht einen effektiven Betrieb der Filter bei niedrigen Ammoniakwerten von weniger als 0,1 mg-N pro Liter, selbst wenn sie ungünstigen Bedingungen wie einem niedrigen pH-Wert ausgesetzt sind. Feinsandpartikel eignen sich am besten für leicht belastete Systeme, in denen sehr niedrige TAN-Konzentrationen erforderlich sind. Sie werden zum Beispiel mit großem Erfolg in der Zierfischindustrie eingesetzt. Die Einheiten neigen jedoch dazu, Sand zu verlieren, wenn der Substratgehalt steigt, und sind nur begrenzt in der Lage, Biofilm abzutragen.

     

     

     

    Träger für Biofilter

    Die meisten Biofilter verwenden Medien wie Sand, Schotter, Flusskies oder eine Form von Kunststoff- oder Keramikmaterial in Form von kleinen Perlen und Ringen.

    Beim Betrieb eines Biofilters liegt ein Hauptproblem darin, eine stellenweise Austrocknung oder Vernässung des Filtermaterials zu verhindern und dadurch ein gleichmäßiges Durchströmen des Filterbettes zu ermöglichen. Dies lässt sich vor allem durch die Kapselung der Biofilter erreichen. Nachteilig ist oftmals der große Platzbedarf dieser Anlagen, die kostenintensive Ventilatorenergie zur Druckerhöhung und die dauerhafte Bewässerung. Im Vergleich zu anderen Verfahren, wie der Ionisation mit Ionisationsröhren, ist das konstante biologische Reinigungsverfahren oftmals durch CO2-Einsparungen und zahlreiche ökonomische Aspekte, wie mittlere Anschaffungskosten, langjährige Filterstandzeiten und mittlere Betriebskosten, von Vorteil. ssa biofilter medium

    Kommerziellle Biofilter Medien (SSA: Specific Surface Area): (A) K1, K3, (B) Atlantic Bio-Balls, (C) Honeycomb Bio-Balls, und (D) MB3 Media.

    Trickle Filter Uebergaenge

    Schematischer Querschnitt der Kontaktfläche des Bettmediums in einem Tropfkörper.

     

     

     
     

    Grober Sand

    Grobsandfilter haben immer noch eine ausgezeichnete spezifische Oberfläche, sind sehr abrasiv und eignen sich gut für höhere Beladungskapazitäten. Grobsand-Wirbelschichten unterstützen sehr hohe TAN-Umsetzungen, allerdings in der Regel nur bei erhöhten Ammoniakwerten von mehr als 1,5 mg-N pro Liter. Bei niedrigen Substratkonzentrationen wird der Biofilm überstrapaziert.

     

     

    Der Filter... der keiner ist

    Es handelt sich hierbei nicht um einen Filter im eigentlichen Sinne, da der Hauptzweck die Abscheidung von gasförmigen bzw. gelösten Substanzen und nicht von festen Partikeln ist. Im Gegensatz zum Biorieselbettreaktor einerseits, bei dem sich auf Einbauten im Reaktor ein sogenannter biologischer Rasen bildet, der kontinuierlich gespült wird, und dem Biowäscher anderseits, bei dem die Mikroorganismen überwiegend in einer Waschflüssigkeit suspendiert sind, sind die Mikroorganismen beim Biofilter auf einer Matrix, die teilweise für die Nährstoffversorgung sorgt, fixiert.

    Die Idee, Abluft und Abwässer auf biologischem Wege zu reinigen, existierte bereits in den 1920er-Jahren, spätestens in den 1960er-Jahren erfolgte der technische Einsatz. Im Laufe der Jahre wurden Biofilter für eine Vielzahl von Anwendungen optimiert.

     

     

    Biofillter Typ1

    Funktion

    Ein Biofilter filtert zum einen physikalisch unerwünschte Feststoffe und zum Anderen verwandelt er mit Hilfe von Mikroorganismen u.a. das Ammoniak aus den Fisch-Ausscheidungen in Nitrat, was somit von den Pflanzen als Dünger verwendet werden kann.

     

    Mechanische Filterung

    Aus dem Fischtank werden neben Wasser auch feste Ausscheidungen der Fische, Futterreste oder Algen in die Pflanzbeete gepumpt. Damit das Substrat der Filter nicht verstopft, müssen entweder Würmer dafür sorgen, dass diese Feststoffe umgesetzt werden oder die Feststoffe müssen vorab mechanisch entfernt werden.

     

    (C) Daniele Pugliesi            

    Je nach Anlagengestaltung bietet sich auch ein Absetzbecken an (auch Absetzanlage genannt). Diese ist ein nahezu strömungsfreies Becken, in dem durch die Schwerkraft Wasserinhaltsstoffe sedimentiert werden und damit eine Abtrennung absetzbarer Stoffe von einer Flüssigkeit erzielt werden können. Hier wird die Wassergeschwindigkeit so weit herabgesetzt, dass sich Schwebstoffe am Grund absetzen können. Von dort können sie mit einem Mulmsauger oder einem mechanischen Rechen entfernt werden.

     

     

    Verwertung der Schwebstoffe durch Würmer

    Da auch in den Schwebstoffen Nährstoffe enthalten sind, ist es natürlich besser (und einfacher), diese auch zu nutzen. Deshalb setzt man in die Pflanzbeete Würmer ein. Nicht alle Würmer sind zu diesem Zweck gleich gut geeignet. Die typischen „Regenwürmer“ aus dem Garten brauchen andere Bodentiefen, als wir sie in der Aquaponik bereitstellen können. Gut geeignet sind Rotwürmer (Eisenia foetida, Eisenia andrei, Dendrobena veneta), die für Wurmkompost oder als Angelköder verkauft werden.

    Dauergeflutete Pflanzbeete mit einfachem Überlauf eigenen sich nicht für die Verwendung von Kompostwürmern. Die regelmäßige Überflutung in gepumpten Systemen hingegen schadet den Würmern nicht.

     

     

    Chemische Filterung

    Das Substrat bildet auch den Lebensraum für die Bakterien, die in einem zweistufigem Prozess von den Fischen ausgeschiedenes Ammoniak in Nitrat umwandeln. Der erste Schritt dieser sogenannten Nitrifikation läuft aerob (in sauerstoffhaltiger Umgebung) als Oxidation des Ammoniak zu Nitrit durch Nitritbakterien ab. 

    Im zweiten Prozessschritt wandeln Nitratbakterien Nitrit durch Oxidation in Nitrat um. Auch diese Bakterien leben aerob, brauchen also Sauerstoff. Verstopfen die Filter durch Schwebstoffe, entstehen anaerobe Zonen, in denen die Bakterien des Nitrifikationsprozesse sterben und anaerobe Fäulnisprozesse einsetzen. Den Sauerstoff erhält das Wasser durch das Einpumpen in das Substrat und mit Druckluft die zugegeben wird.

     

     

    Wirkung von Nitrat

    Nitrat ist ein wichtiger Pflanzendünger, der vor allem Blattwachstum erzeugt. Bei Salaten ist dieses im gewissen Umfang wünschenswert. Zu hohe Nitratmengen lagern sich in den Blättern ab und werden beim Verzehr im Körper aufgenommen. Nitrat und Nitrit stehen im Verdacht durch Umwandlung in Magen und Darm zu u.a. Nitrosaminen krebserregend zu sein.
    Darüber hinaus führt ein Überangebot an Nitrat bei fruchtbildenden Pflanzen (z.B. Tomaten) zu übermäßigem Blattwachstum und Verkümmern der Fruchtansätze. Daher ist auf ein ausgewogenes Verhältnis von Biofiltern zu Biomasse Fisch zu achten.

     

     

    Umweltbedingungen

    Ein Produkt der Nitrifikation ist Säure, daher kann das Wasser im Kreislauf zunehmend versauern. Die Bakterien im Biofilter benötigen aber eher eine basische bis neutrale Umgebung, weshalb im Rahmen der regelmäßigen Wartung Gegenmaßnahmen zur Stabilisierung des pH-Wertes zu ergreifen sind.

    Je nach Jahreszeit und Breitengrad muss auf die Temperatur geachtet werden. Minimal sollten, je nach verwendeten Mikroorganismen Temperaturen von 400 Celsius keinesfalls überschritten werden. Auch unter 10° Celsius verlangsamen manche Bakterien ihre Arbeit soweit, das sie keinen Nutzen mehr haben. Ab 0° Celsius sterben die Bakterien der Biofilter ab. Ein solches System muss immer "Eingefahren" werden !

     

     

    Noch ein Wort zu TAN ( Total ammonia nitrogen / Gesamt-Ammoniak-Stickstoff )

     

    Quantifizierung der Nitrifikation

    In der Vergangenheit wurden in Studien die Nitrifikationsraten auf der Grundlage der spezifischen Oberfläche der Medien angegeben, wobei höhere SSA-Werte (Specific Surface Area) bevorzugt wurden. Theoretisch gilt: Je größer die SSA, desto mehr Lebensraum für Bakterien. In einer idealen Welt würde dies zu höheren Nitrifikationsraten führen.

    In der realen Welt der kommerziellen Aquakultur bilden die Bakterien jedoch einen Biofilm, der das Medium effektiv bedecken kann, möglicherweise in einer Weise, die die topografischen oder porösen Merkmale des Mediums verstopft, die zur Vergrößerung der spezifischen Oberfläche gedacht sind. Durch diese Bedeckung des Mediums wird im Wesentlichen eine neue Medientopografie geschaffen und die tatsächlich von den Bakterien genutzte Oberfläche verringert.

     

    Volumetrische TAN-Umwandlungsrate

    Daher spiegelt die theoretische Nitrifikationskapazität eines bestimmten Filtermediums auf der Grundlage der SSA (Specific Surface Area) nicht immer die tatsächlich erreichte Nitrifikation in der realen Welt wider. Kürzlich wurde vorgeschlagen, dass die Nitrifikationsraten von Biofiltern auf der TAN-Umsetzung (TAN: Total Ammonia Nitrogen / Gesamt-Ammoniak-Stickstoff) pro Volumeneinheit des nicht expandierten Filtermediums basieren sollten. Als volumetrische TAN-Umwandlungsrate (VTR) bezeichnet, sind typische Einheiten für dieses Standardmaß der Nitrifikation Gramm entfernte TAN pro Kubikmeter Biofiltermedium pro Tag.

     

     

    Weiterführender ArtikelBiofilter: Bakteriengemeinschaften


    Kontext: 

    ID: 158

    URL
  • Übliche Konzentrationen in Nährstoffen

    Orchilla Guano A A The great soil enricher
    Boston Public Library, Print Department

    Die Zusammensetzung von Hydrokulturdüngern ist völlig verschieden im Vergleich zu den Düngern für Erdkulturen. Pflanzen, die in Erdböden kultiviert werden, benötigen völlig andere Düngermischungen als Hydrokulturen. Als Orientierung: Organische Dünger benötigen oft (je nach Zusammensetzung) Mikroorganismen um die Nährstoffe für die Pflanzen aufzuschließen. Anorganische Dünger benötigen keine Mikroorganismen um der Pflanze alle Nährstoffe liefern zu können. Auch hier gilt natürlich: Die Ausnahme bestätigt die Regel.

    Hydrokulturdünger müssen den besonderen Bedingungen einer Hydrokultur Rechenschaft tragen. Diese ergeben sich zum einen aus dem fehlen von Mikroorganismen, welche zur chemischen Aufspaltung der Düngerstoffe im Erdreich benötigt werden - und auch nur dort zu finden sind, zum anderen aus der fehlenden Pufferung des Hydrokultursystems sowie aus der Tatsache, dass es sich um ein geschlossenes System handelt.

    Wichtige Randbedingungen sind unter anderem: Hydrokulturdünger sollten nicht zu viele Ballast-Salze enthalten (Natrium, Chlorid etc.). Der Ammonium und Stickstoff-Anteil sollte nicht mehr als etwa 50 % des gesamten Stickstoff- (N) Angebotes ausmachen, um eine Versauerung der Nährlösung zu vermeiden.

    Das wiederum gilt aber nicht für sehr harte (Kalkreiche) Gießwässer. Auch der Phosphatgehalt sollte deutlich niedriger sein - im Vergleich zu Düngemitteln für Erdkultur.

     

    Dünger mit Puffer-Effekt / Reservoire oder sogenannter Langzeit-Dünger

    Für Hydrokulturen gibt es Ionenaustauscherdünger am Markt. Seit Jahrzehnte war der Ionenaustauscherdünger “Lewatit HD5” der einzige Ionenaustauscherdünger auf dem Markt. Er wurde in den 70er Jahren von der Firma Bayer AG entwickelt und unter verschiedenen Handelsnamen vermarktet. Später wurde von der gleichen Firma das “Lewatit HD5 plus” für salzarme Gießwässer (weiches Wasser) entwickelt.

    Inzwischen wird nur noch das bekannte Lewatit HD50 hergestellt. Dieses soll optimiert sein für jeden Härtegrad des Wassers. Jedoch wird vom Hersteller immer noch empfohlen bei weichem Wasser Kalk zuzufügen um die Versorgung sicherzustellen. 

     

    Welche Flüssigdünger kann man verwenden?

    Das Angebot an Flüssigdüngern und Nährstofflösungen ist inzwischen unübersehbar geworden (1). Neben Flüssigdünger für den Profi in größeren Gebinden, werden für den Hobbybereich Produkte in kleineren Mengen angeboten. Meist handelt es sich um sogenannte Universaldünger. Allerdings bieten einige Hersteller auch spezielle Düngemittel für die Hydrokultur an.

    Auffallend hierbei: fast alle Hersteller halten sich bei konkreten Angaben zu den Pflanzen für die der Dünger "optimal" sein soll zurück. Ebenso bei der Dosierung in Abhängigkeit der Wachstumsentwicklung. Selbst wenn bestimmte Pflanzen beim Namen genannt werden, wird hier scheinbar bewusst nicht ins Detail gegangen. Wenn Sie an Tomaten denken, werden Sie vermutlich nicht an alle 3.200 Sorten denken die momentan angebaut werden (Quelle). Nun zu glauben, das hier ein und derselbe Dünger durchweg gute Ergebnisse liefert erscheint wohl auch dem Laien als völlig unglaubwürdig.

    1) Eine (stets) unvollständige Liste handelsüblicher Dünger können Sie hier finden. Wir führen diese Liste nur als Zutatenliste für selbstgemachte Nährstofflösungen. Wie man dies machen kann finden Sie hier ausführlich an einer Beispiel-Mischung beschrieben. Die Artikelserie beginnt hier: Hydroponikdünger selber mischen: Einleitung

     

     

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in der Hydrokultur Pflanzen zu düngen:
     
    • Mit flüssigem anorganischen Volldünger, dieser wird in Großanlagen aufgrund der Leitfähigkeitsmessung des Wassers automatisch zudosiert.

    • Durch Düngesalzfreisetzung aus festem Ionenaustauscher-Granulat.

    • Aufschlämmung von organischem Dünger oder Zusatz solcher Nährstofflösungen.

    • Eine Humus- oder Kompostschicht, die bei Ebbe-Flut-Systemen auf die oberste Substratschicht aufgebracht wird und nur bei Düngerbedarf von oben gewässert wird.


    Je nach Nährstoffzusammensetzung belaufen sich die zu erwartenden Konzentrationen in folgenden Größenordnungen:
     

    Verbindungen und Spurenelemente / Größenordnungen in Nährstofflösungen

    K

    Kalium

    0,5 - 10 mmol/L

    Ca

    Calzium

    0,2 - 5 mmol/L

    S

    Schwefel

    0,2 - 5 mmol/L

    P

    Phosphor

    0,1 - 2 mmol/L

    Mg

    Magnesium

    0,1 - 2 mmol/L

    Fe

    Eisen

    2 - 50 µmol/L

    Cu

    Kupfer

    0,5 - 10 µmol/L

    Zn

    Zink

    0,1 - 10 µmol/L

    Mn

    Mangan

    0 - 10 µmol/L

    B

    Bor

    0 - 0,01 ppm

    Mo

    Molybdän

    0 - 100 ppm

    NO2

    Nitrit

    0 – 100 mg/L

    NO3

    Nitrat

    0 – 100 mg/L

    NH4

    Ammoniak

    0,1 - 8 mg/L

    KNO3

    Kaliumnitrat

    0 - 10 mmol/L

    Ca(NO3)2

    Calciumnitrat

    0 - 10 mmol/L

    NH4H2PO4

    Ammoniumdihydrogenphosphat

    0 - 10 mmol/L

    (NH4)2HPO4

    Diammoniumhydrogenphosphat

    0 - 10 mmol/L

    MgSO4

    Magnesium sulfat

    0 - 10 mmol/L

    Fe-EDTA

    Ethylendiamintetraessigsäure

    0 – 0,1 mmol/L

    H3BO3

    Borsäure

    0 – 0,01 mmol/L

    KCl

    Kaliumchlorid

    0 – 0,01 mmol/L

    MnSO4

    Mangan (II)-Sulfat

    0 – 0,001 mmol/L

    ZnSO4

    Zinksulfat

    0 – 0,001 mmol/L

    FeSO4

    Eisen(II)-sulfat

    0 – 0,0001 mmol/L

    CuSO4

    Kupfersulfat

    0 - 0,0002 mmol/L

    MoO3

    Molybdänoxid

    0 – 0,0002 mmol/L

     
     

     

    Kontext:


     

    Geschichtlich erste Nährlösung nach Sachs und Stöckhardt

    Ein Liter fertige Lösung enthält:
    1 g Kaliumnitrat
    0,5 g Calciumsulfat
    0,4 g Magnesiumsulfat
    0,5 g Calciumhydrogenphosphat
    und eine Spur Eisen-(III)-chlorid.

    Nährlösung nach Wilhelm Knop

    Ein Liter fertige Lösung enthält:
    1,00 g Ca(NO3)2 Calciumnitrat
    0,25 g MgSO4 * 7 H2O Magnesiumsulfat
    0,25 g KH2PO4 Kaliumdihydrogenphosphat
    0,25 g KNO3 Kaliumnitrat
    Spuren FeSO4 * 7 H2O Eisen(II)-sulfat.

    Medium nach Pirson und Seidel

    Ein Liter fertige Lösung enthält:
    1,5 milliMol KH2PO4
    2,0 mM KNO3
    1,0 mM CaCl2
    1,0 mM MgSO4
    18 μM Fe-Na-EDTA
    8,1 μM H3BO3
    1,5 μM MnCl2.

    Nährmedium nach Epstein

    Ein Liter fertige Lösung enthält:
    1 mM KNO3
    1 mM Ca(NO3)2
    1 mM NH4H2PO4
    1 mM (NH4)2HPO4
    1 mM MgSO4
    0,02 mM Fe-EDTA
    0,025 mM H3BO3
    0,05 mM KCl
    0,002 mM MnSO4
    Spurenelemente:
    0,002 mM ZnSO4
    0,0005 mM CuSO4
    0,0005 mM MoO3

    Spurenelementzusatz nach D. R. Hoagland (1884–1949)

    Ein Liter fertige Lösung enthält:
    55 mg Al2(SO4)2
    28 mg KJ
    28 mg KBr
    55 mg TiO2
    28 mg SnCl2 · 2 H2O
    28 mg LiCl
    389 mg MnCl2 · 4 H2O
    614 mg B(OH)3
    55 mg ZnSO4
    55 mg CuSO4 · 5 H2O
    59 mg NiSO4 · 7 H2O
    55 mg Co(NO3)2 · 6 H2O

    Quelle, unter anderem: https://de.wikipedia.org/wiki/Hydrokulturd%C3%BCnger

    ID: 25